Traditionell findet während des Kirchheimer Sommernachtskinos ein ökumenischer Gottesdienst statt, in dem ein Film aus Glaubenssicht thematisiert wird.
Dieses Jahr war es der Film „Narziss und Goldmund“, ein Film dessen Grundlage eine gleichnamige Erzählung von Hermann Hesse aus dem Jahr 1930 ist. Die Handlung spielt im Mittelalter. Goldmund, ein junger Mann, wird von seinem Vater ins Kloster gesteckt, wo er sich mit einem jungen Klosterschüler Narziss anfreundet, der sein Lehrer wird. Goldmund ist ein gelehriger Schüler und talentierter Künstler und hadert nach einiger Zeit mit dem Klosterleben, da es seiner Auffassung von Freiheit zuwiderläuft. Narziss lebt asketisch und nach den strengen Regeln des Klosters. Goldmund verlässt das Kloster und führt ein ausschweifiges Leben. 22 Jahre später begegnen sich Narziss und Goldmund wieder in einer Situation, die für Goldmund mit dem Tod enden könnte. Narziss bittet um Gnade für Goldmund und nimmt ihn ins Kloster zurück. Dort versucht er wieder seinen Glauben zu entdecken, den er lange vernachlässigt hat. Immer wieder verlässt er das Kloster für einige Zeit, um in Freiheit leben zu können. Nachdem er vom Pferd stürzt und sich einige Rippen gebrochen hat, kehrt er ins Kloster zurück, um dort zu sterben in der Gewissheit, dass ihn seine Mutter, die er nie gekannt hat, zu sich nehmen wird.
Zum ersten Mal nahm die Neuapostolische Kirche aktiv an diesem ökumenischen Gottesdienst teil. Nach dem musikalischen Intro durch zwei Musiker (Melanie Lutz, Gesang und Tobias Fischer, Keyboard) eröffnete Sabina Brandenstein von der katholischen Kirche den Gottesdienst trinitarisch. Psalm 31 wurde im Wechsel zwischen Sabina Brandenstein und der Gemeinde gesprochen. Danach erfolgte das Eingangsgebet durch Stefan Herb von der methodistischen Kirche. In einem Rollenspiel durchgeführt von Annette Weißenstein und Ruth Herb wurde die Problematik einer sehr strengen religiösen Erziehung dargelegt. Aufgezeigt wurde, dass viel Druck und Erzeugung von Ängsten zu die Kirche abwehrendem Verhalten führt. Darauf ging Pfarrer Jochen Maier (Martinskirche Kirchheim) ein und legte dar, wie der Glaube durchaus frei machen kann, denn in den beiden Charakteren Narziss und Goldmund wird das sichtbar, dass Freiheit im Glauben keine Zügellosigkeit im Leben voraussetzt, sondern dass ein lebendiger Glaube an Gott frei machen kann. Wir sind Gott gegenüber in der Verantwortung und keinem Menschen Rechenschaft über unseren Glauben schuldig. Auch nahm sich Jesus aller Menschen an, er grenzte niemand aus. Im christlichen Glauben hat Ausgrenzung keinen Platz.
Im Anschluss an die Predigt wurde durch Priester Jürgen Briem (NAK Ötlingen) eine Meditation angeleitet, in der alle Anwesenden anhand eines kleinen Aststückchens sich selbst wahrnehmen konnten, wie er oder sie bisher seinen / ihren Glauben gelebt haben. Jeder ist einzigartig, wir alle sind ein Unikat und sollen Gott gegenüber unser Leben so einstellen wie es zu uns passt und wie Gott uns sieht. Im anschließenden Fürbittgebet wurde zunächst durch Pfarrer Christian Lorösch (Johanneskirche Ötlingen) der Dank für unser von Gott empfangenes Leben dargelegt, für die Möglichkeiten mit Gott in Verbindung zu treten und für die Stärkung des Glaubens.
Die Bitte um klare Sichtweise auf uns selbst folgte durch Priester i.R. Roland Schütze (NAK Kirchheim) in den Gedanken, uns selbst zu sehen, wie wir sind und keine egozentrischen Verhalten an den Tag legen. Die Bitte für alle Menschen, die es schwer haben, folgte durch Annika Vogel, die sich in der evang. Kirche (ehrenamtlich) engagiert, gepaart mit dem Wissen, dass wir Leid ertragen sollen und müssen, dass es manchmal jedoch einfach zu schwer wird und wir deshalb Kraft von Gott brauchen, um tragen zu können. Dies kommt auch im gemeinsam gesprochenen Gebet, das Jesus uns selbst lehrte (Unser Vater…) zum Ausdruck. Die Kollekte, die im Anschluss an den Gottesdienst am Ausgang eingesammelt wurde, kommt den Bedürftigen zugute, die in Folge von Corona-Auswirkungen in wirtschaftliche Bedrängnis gekommen sind. Jeder gespendete Euro wird durch die evangelische Landeskirche verdoppelt. Mit dem trinitarischen Segen durch Pfarrer Christian Lorösch und dem dreifachen Amen endete der von mehr als 200 Besuchern wahrgenommene ökumenische Gottesdienst, der bei schönem, aber nicht zu warmem Wetter auf dem Martinskirchplatz stattfand.